Best of... Januar 2006

„Der Anfang ist die Hälfte des Ganzen“ sagte einst Aristoteles. Möge man ihm Glauben schenken, hätten wir im Januar die Hälfte dessen gesehen, was uns das Jahr 2006 über geboten werden wird.

Und damit herzlich Willkommen zur ersten Ausgabe meiner Kolumne im neuen Jahr. Oben genanntes Zitat, übertragen wir es auf das Geschehen bei World Wrestling Entertainment, kann sowohl Segen als auch Fluch bedeuten. Segen – hat man ein neues Zeichen gesetzt, als man Edge überraschend den Titel gab und Cena besiegen ließ? Fluch – Ist es die Zukunft, Mark Henry im Main Event eines Big PPV’s zu zeigen, nur weil danach der Ring kaputt gemacht werden muss?

Wie immer muss man abwägen, und wie immer hat die Medaille zwei Seiten. Ob Kopf oder Zahl, ob Segen oder Fluch – das versuche ich für mich persönlich zu ermitteln, im „Best of: Januar 2006“. Viel Spaß!

Beste Storylines und Fehden
1. Money in the Bank
2. Boogeyman v JBL
3. Michaels v McMahon

Im Wrestlingbusiness, unter den selbsternannten Spezialisten im Internet, gibt es einen Fachbegriff, der sich “Mark-Out” nennt. Ein „Mark“ ist einer dieser Fans, die das Geschehene nicht hinterfragen, sondern es akzeptieren und sich nicht nur von Sport, sondern auch von Storyline mitreißen lassen. In jungen Lebensjahren, besonders unter dem Glauben, es sei alles echt, was man dort sieht, ist der Mark-Glauben wesentlich leichter aufrechtzuerhalten. Als „aufgeklärter“ älterer Wrestlingfan, ist es eher schwierig in diese so geliebte – aber längst vergangene – Mark-Zeit nostalgisch zurückzukehren. Gelingt es aber, fühlt man, was man früher fühlte, geschieht das Unmögliche und man vergisst alles andere und lebt für den momentan gezeigten Moment – dann hat man einen Mark-Out.
World Wrestling Entertainment hat es geschafft. Ben hatte nach langer Zeit wieder einen Mark-Out. Und das kam so: Elimination Chamber – Angle raus – What the...!? – Kane raus – Michaels raus – okay, Cena wird gewinnen – Cena siegt. McMahon!!! „This night is not over!“ – Edge – Money in the Bank – Spear! Spear! Spear! – 2-Count – Spear! Spear! Spear! – Pinfall! – Edge ist Champ!!!
Vince hatte es nun tatsächlich eingesehen und Cena den Titel verlieren lassen. Mit der Elimination Chamber hatte er zwar eine wunderbar Vorlage und zumindest 2 Kandidaten, denen man den Titel dort ohne weiteres hätte geben können – aber damit hätte man nicht das erreicht, was man mit Edge’s Titelgewinn erreicht hatte. Es wird schwierig, diesen Moment im Jahr 2006 zu toppen. Die Ratings der Folgewochen sprachen für die Aktion – möge man sich im Office der WWE darüber Gedanken machen.

Mit dem Boogeyman brachte man seit langer Zeit wieder einen „anderen“ Charakter ins WWE Geschehen. Einen Comic-Charakter, detailliert ausgearbeitet, genauestens beschrieben und gut dargestellt. Allein durch sein Auftreten war der Boogeyman vom ersten Moment an interessant. Aber wir bewegen uns im Wrestlingbusiness – und so interessant ein Charakter auch ist, er verliert zunehmend an Interesse, wenn er nicht in den Ring steigt und seinen Charakter durch zu ihm passende Storylines festigt. Mit John Bradshaw Layfield hat WWE den perfekten Gegenpol zum Boogeyman gefunden. Man will den Boogeyman pushen – und zwar schnell. Squash Serien gegen Jobber und Cruiserweights sind ein altbekanntes und gern verwendetes Mittel in McMahon-Land, funktionieren auch zweifelsohne, stellen den Prozess jedoch sehr langatmig dar. Und wie gesagt, beim Boogeyman musste es schnell gehen. JBL war also genau der Richtige. Ehemaliger WWE Champion, charismatisch, beim Publikum over wie kaum ein zweiter Heel bei Smackdown - dazu vom Gimmick her das krasse Gegenteil des Boogeyman. Dass diese Ganze Würmer- und Tumor-Geschichte super-ekelig ist, brauche ich wohl nicht zu erwähnen. In meinen Augen hat sie aber funktioniert. Okay, ein Squash beim Rumble hätte nicht sein müssen, hier geht es aber um die Fehde – und für mich war es eine der besten Non-Title Fehden bei Smackdown in den letzten Monaten.

Shawn Michaels gegen Vince McMahon. Heijeijei... Bei dieser Konstellation fällt mir die einleitende Frage nach Segen oder Fluch wieder ein. Beginnt hier was Großes oder beginnt hier ein neues Lowlight der WrestleMania-Geschichte? Muss man einen der besten In-Ring-Performer so kurz vor WrestleMania gerade in eine Storyline mit einem Non-Wrestler stecken? Wenn man dann aber bedenkt, was für Optionen sich bieten würden, von was für Konstellationen man träumen könnte, dann steht die Gänsehaut in den Startlöchern. Die Verwendung des Wortes „screw“ in allen grammatikalischen Ausprägungen, die Erwähnung des Namen „Bret Hart“ während Shows und PPVs, die Tweener-Darstellung von Shawn Michaels. Mein Gefühl sagt mir einfach, dass das, was in den letzten Wochen aufgebaut wurde, noch lange nicht alles gewesen ist. Die Tatsache, dass Vince McMahon persönlich involviert ist, zeugt darüber hinaus noch davon, dass wir davon ausgehen müssen, dass diese Fehde viel Aufmerksamkeit und TV-Time verschlingen wird und irgendwie mag ich nicht daran glauben, dass dies in einem einfachen Singles-Match zwischen Vince McMahon und Shawn Michaels bei WrestelMania enden wird... Lasst mich träumen...

Schlechteste Storylines und Fehden
1. Henry v Angle/Batista
2. Lawler v Helms
3. Best of 7 Series

Also irgendwas ist hier schief gelaufen. Beginnen wir mit Mark Henry. Mark Henry ist ein Old-School-Heel wie aus dem Bilderbuch – null Charisma, aber grooooß. Er ist mittlerweile schon fast zehn Jahre bei WWE unter Vertrag und hatte in dieser Zeit sage und schreibe, lasst mich kurz überlegen, null bedeutende Storylines. Weiter geht es mit Batista – dem Phänomen. Aus dem Muskelberg hinter Hunter, Flair und Orton avancierte DER neue Star am WWE-Himmel. Die Fans vergötterten ihn ein komplettes Jahr lang und standen immer mehr und mehr hinter ihrem Champion. Batista wird überraschend attackiert – von Mark Henry.
Ich lasse das vorerst unkommentiert.
Man baut nun also eine Fehde zwischen Batista und Henry auf. Nun aber muss Batista seinen Gürtel aus gesundheitlichen Gründen abgeben – wofür ich natürlich vollstes Verständnis habe. Am selben Abend wird eine Battle Royal um den vakanten Titel Batistas gestartet. Womit wir bei Person 3 wären: Kurt Angle. RAW’s Top Heel Kurt Angle. Wen wird er ersetzen? Smackdown’s Top Face natürlich! Nachdem man Angle in der Storyline mit Cena konsequent vorgeführt hat, in der Lächerlichkeit preisgegeben hat, ist er von nun auf jetzt Champion bei Smackdown, Face und ersetzt Batista 1-zu-1 in den Storys, Matches, Promos und wer-weiß-noch-wo.
Wäre ja auch voll anstregend gewesen, wenn man sich neue Storylines hätte ausdenken müssen. Das kann man doch auch keinem zumuten. Was können denn die Booker dazu, dass Batista auf einmal – mega-überaschend – verletzt abtreten muss? Das war nicht abzusehen. Jetzt noch mal das Ganze schreiben? Nochmal für den neuen Champ hinsetzen und was ausdenken? Och nö, dass ist viel zu anstrengend. Streiche Batista, setze Angle – und schwupps: Pünklich Feierabend im Booking-Office.

Keine Frage – es war eine sehr gute Entscheidung, Helms ein neues Gimmick zu verpassen. Der Tag-Title-Run am Ende der Hurricane-Ära war noch mal ein gelungener Abschluss eines guten Gimmicks. Die Kurzfehde mit Rosey viel dann aber tatsächlich viel zu kurz aus. Zumindest ein PPV Match – alleine, um Helms vor großer Kulisse in neuem Gewand zu präsentieren – hätte drin sein müssen. Na ja, man machte es nicht, ließ die beiden ihre Streitigkeiten kurz bei RAW austragen und beließ es dabei. Turn und Gimmickwechsel Hin oder Her. So schön das auch ist, bemerkte man auf einmal, dass gar keine Storyline für Helms da war. Es wurde die Idee einer Fehde mit Jerry Lawler geboren. Die Vergangenheit hat bewiesen, dass Lawler durchaus in der Lage ist, junge Talente zu pushen und somit stellte sich diese Idee als gar nicht so abstrus heraus. Wie so oft haperte es nun aber mal wieder am üblichen Punkt: Der Umsetzung. Ganze zwei Wochen Aufmerksamkeit schenkte man den beiden und obendrauf noch ein PPV-Match, dass zwar ganz nett aber dazu auch hochgradig unbedeutend war. Lawler gewinnt – was ihm null Komma null nützt und den Push von Helms in keinster Weise vorantreibt. Man beendet die Story – kein Rachefeldzug von Helms, nichts. Und dann? Ne neue Story ausdenken? Schon wieder? Ach was. Helms ist doch nen Cruiserweight. Kommt er halt zu Smackdown. Sollen die sich doch was für ihn ausdenken – und schwupps: Pünktlich Feierabend im Booking-Office.

Eines dürfte klar sein: Der Grund für eine erneute Vertragsunterzeichnung von Chris Benoit kann nur das Geld gewesen sein – seine momentane Situation bei WWE war’s wohl kaum. Die Best-Of-7-Serie – eine von Anfang an zum Scheitern verurteilte Geschichte. 7 Matches mit Booker T, was an Unbedeutsamkeit kam zu überbieten ist. Davon mindestens 3 Siege eben diesen Mannes gegen Chris Benoit, was an Unglaubwürdigkeit kaum zu überbieten ist. Zwei der Aufeinandertreffen, nämlich Nummer 1 und 4 wickelte man im Rahmen eines PPV’s ab. Und Nummer 7? Das Finale? Das, worauf das Ganze ja eigentlich nur hinzielte? Bei Smackdown. Als Opener. Das wäre wie ein King of the Ring Turnier, bei dem beim PPV nur die Vorrundenmatches stattfinden und das Finale dann bei Heat.
Nach vier Aufeinandertreffen von Booker und Benoit stand es 3 zu 1 für Booker T. Dieser verletzte sich nun aber, was recht ungünstig ist, wenn man in eine solche Serie verwickelt ist. Booker wurde durch Orton erstetzt. Dieser verliert einmal gegen Benoit, er verliert ein zweites Mal gegen Benoit und beim dritten Versuch besiegt Randy Orton dann Chris Benoit. Wir haben einen neuen United States Champion: Booker T.! Na klar. Okay, Orton hat gewonnen, aber mein Gott – so war es nun mal geplant. Da gibt man doch lieber dem noch nicht ganz auskurierten Booker T den Gürtel, als den beiden fitten Benoit oder Orton. Man überlege sich mal die Auswirkungen, hätte man dies getan... Dann müssten neue Storylines her. Hallo? Um 16 Uhr ist Schicht im Booking-Office, da wird ausgestempelt. So auch am Tag von Booker T’s erneuten „Titelgewinn“: Pünktlich Feierabend im Booking-Office.

Mit der Edge-Geschichte hat man mich im Januar bestens unterhalten – und mag man den Ratings Glauben schenken, war ich da nicht der Einzige. So interessant RAW dann über die Wochen auch wurde, umso uninteressanter wurde Smackdown mit seiner Head-Storyline. RAW war interessant – Smackdown in meinen Augen nicht, so hart das auch klingt. Der Storypunkt geht an RAW.

Beste Gimmicks
1. „Rated R Superstar“ Edge
2. the Boogeyman
3
. Carlito

Habe ich Edge nach seinem Comeback vor zwei Jahren gehasst. Und da war ich nicht alleine. Er wurde als Face dargestellt, aber wo er nur war, wurde er ausgebuht. Sein erstes PPV-Match gegen Kane war desaströs, seine Charakterdarstellung unterirdisch. Aber die WWE sah dies ein und ließ ihn Heel turnen – der Anfang eines großen Aufstiegs. Aus Mister Langeweile wurde der „Rated R Superstar“ – mein absolutes Gimmick des Monats. Zunächst war ich verwirrt über den Intercontinental Titleshot von Edge gegen Flair bei NYR. Nachdem er bei Instant Access aber zu Lita meinte, ihm sei die Niederlage egal, er habe größeres im Blickfeld, da begann der schnelle und lang überfällige Aufstieg von Edge. Er wurde Champion und dafür feierte ihn die Crowd. Den Tränen nahe, ließ er sich feiern – er der Heel, der gerade den Face besiegte. Auf der einen Seite rührte diese Orgie natürlich aus dem Hass des Publikums gegen Cena, doch gab es aber mit Sicherheit viele in der Halle, die in diesem Moment den Titelgewinn von Adam Copeland feierten.
Edge präsentierte sich in seiner Rolle in den darauf folgenden Wochen als absolut würdiger Champion. Jeder einzelne Auftritt war würdig in einem Atemzug mit seinen Vorgängern genannt zu werden. Sein „Rated R Superstar“-Gimmick passt wie die faust aufs Auge und wurde auf Anhieb von den Fans akzeptiert. Ganz großes Entertainment!

Wie bereits oben erwähnt, finde ich das Gimmick des Boogeyman absolut genial. Es ist frisch, unverbraucht, was Vergleichbares gab es in den letzten Jahren nicht. Mit viel Liebe zum Detail wird der Boogeyman bei Smackdown präsentiert. Born to be Heel – und eingesetzt als Face. Er isst Würmer und lässt diese auch von seinen Gegnern verspeisen. Er kriecht in die Halle zu rotem Qualm. Er hat eine eindringliche Catchphrase und absolutes Comedytalent. Ich erinnere nur an seinen vorweihnachtlichen Auftritt... „Santa Clause is coming.... to getcha!“. Göttlich. Das Facepaint, die Uhr, der Blick – irgendwie passt alles. Und da störte es auch bisher noch nicht sonderlich, dass er wenig In-Ring-Skills besitzt. Baut man den Boogeyman weiterhin so auf und arbeitet mit dieser Detailliebe an seinen Facetten, dann wird man ihn in viele bedeutende Storylines integrieren können. Und darauf freue ich mich.

Carlitos Gimmick war von Anfang an gut. Es unterschied sich auch nicht großartig von dem, welches er jetzt verkörpert. Der einzige Unterschied, und der ist nicht zu verachten, ist die Tatsache, dass er immer glaubwürdiger wird. Er ist jung und gehört nicht zu den begnadetsten In-Ring-Performer – und doch war er Teil der Elimination Chamber und ist fester Bestandteil des RAW-Rosters und etablierter Top-Star der Show. Wie es dazu kam, ist schwer an einer einzelnen Situation festzumachen. Es ist das Gesamtpaket, die Darstellung. Carlito ist gut am Mic, passt sich auf jeden Gegner an und performt im Ring. Er weiß selber, dass er kein Kurt Angle oder Chris Benoit ist. Er weiß aber auch, dass er das Publikum auf andere Art und Weise in seinen Bann ziehen kann. In meinen Augen war er der Gewinner der Elimination Chamber – keinem Teilnehmer hat dieses Match mehr gebracht als Carlito, nicht mal dem Sieger John Cena. Momentan scheint sich ja eine Story mit RVD abzuzeichnen. Und ich denke, dass ich das gut finde.

Schlechteste Gimmicks
1. Mark Henry
2. John Cena
3. Eugene

Mark Henry hat in seiner WWE-Karriere nichts erreicht. Er war kurz European Champion, aber das waren Test, Spike Dudley und Mideon auch. Bedeutung hat dies in meinen Augen nicht. Er war Teil der Nation. Gerissen hat er dort aber nichts. Lediglich seine Hautfarbe und die Tatsache, dass man damals nichts anderes für ihn hatte, ließen ihn Teil dieses Stables werden. Und doch war dies die mit Abstand erfolgreichste Zeit in der Karriere von Mark Henry. Danach ging es nur noch bergab. Was habe ich – so gemein das auch ist – Benoit damals dafür gedankt, dass das erste was er nach seinem Rumble-Sieg bei RAW machte war, Mark Henry zu verletzten und ihn für fast zwei Jahre von den Bildschirmen zu verbannen. Jetzt ist Henry zurück und man will seiner 10-Jahres-Investition anscheinend kurz vor dem Abgang noch mal ein bisschen Aufmerksamkeit schenken. Bullshit. Lasst das. Henry ist langweilig und das war er schon immer. Er hat im Main Event so viel verloren wie eine Telenovela auf dem Sendeplatz der Simpsons. Und wenn ihr mich fragt, ganz persönlich – vermissen würd ich Mark Henry im WWE-TV nicht. Die Tatsache, dass er im Main Event des Royal Rumble stand, verdankt er lediglich der Tatsache, dass man nach dem Match den Ring zerfallen lassen wollte – was voraussetzt, dass danach kein Match mehr stattfindet. Schön gemachtes Undertaker-Comeback – aber zu welchem Preis!?

Für einen Moment dachte ich doch tatsächlich, man hätte die Kurve gekriegt.,. Edge besiegt Cena. Dann hält Mr Thuganomics eine Promo bei RAW, in der er erstmalig auf die Buh-Rufe des Publikums eingeht. Er macht seinen Job wirklich gut und gefällt mir sogar wieder in seiner Rolle als Jäger. Angle hatte recht. Dann kamen das nächste RAW und das übernächste RAW und letzten Endes der Royal Rumble – und Alles ist wieder beim Alten. Von Woche zu Woche strengte sich Cena wieder weniger an, die Buhrufe wurden wieder lauter und man ist mit ihm an derselben Stelle, an der man auch vor NYR war. Ein Champ, den das Publikum so nicht will. Mit Betonung auf „so“. Denn Cena kann unterhalten, aus ihm kann etwas gemacht werden. Diese Rolle, der ewig tolle Face Champ – das funktioniert einfach nicht. Und daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Edge mal nen Monat Champ war. Triple H gegen John Cena mag verlockend klingen und mit Sicherheit auch ganz nett sein – aber gerade weil es so ist, hätte es dabei nicht um den Gürtel gehen müssen. Viel lieber hätte ich Edge gegen RVD bei WrestleMania um das Gold gesehen. Mit der Entscheidung, Cena wieder zum Champ zu machen, hat sich Vince ein dickes Ei gelegt. Er wird schon sehen, was er davon hat. Da kann Hunter noch so viel über den toten Eddie herziehen – bei WresteMania wird ihn das Publikum für jeden Schlag, für jeden Tritt feiern und für den Pedigree vergöttern.

Einen knapp 10-minütigen Auftritt im Royal Rumble, mehr habe ich von Eugene in diesem Monat noch nicht gesehen. Das hat aber gereicht, um ihn hier aufs Treppchen zu stellen. Zu Beginn war der Eugene Charakter schlichtweg genial. Er dominierte das gesamte Geschehen. Aber schon wenige Monate danach, war dies vorbei und man interessierte sich nicht mehr für ihn. Eine Verletzungspause und doch brachte man Eugene als genau diesen Charakter zurück, der kaum noch wirklich interessierte Fanreaktionen bekam. Nun musste Eugene erneut eine Zwangspause einlegen und man hätte erneut die Chance gehabt, etwas „Neues“ aus ihm zu machen – und doch machte man es nicht und brachte Eugene als eben Eugene zurück. Denselben Eugene von vorher. Der Charakter ist verbraucht und man muss nun unbedingt etwas unternehmen, um Nick Dinsmore im Rampenlicht zu halten. Alles andere wäre Verschwendung, denn genau da gehört er hin.

Ich neige fast dazu, den Punkt an Smackdown zu geben. Mir gefällt die Entwicklung in der Tag Team Szene. Mir gefällt der Boogeyman und ich verneige mich vor Kurt Angle. Henry sehe ich als kurze Erkältung an, von der WWE bald kuriert wird (möge man sie doch endlich impfen). Obwohl sehr knapp, weil auch RAW gerade mit Edge brillierte, bekommt Smackdown diesen Zähler.

Wrestler des Monats
1. Edge
2. Rey Mysterio
3. Kurt Angle

Zwar tauchte Edge nun schon auf den Pole Positions der beiden Vorgängerrubriken auf, aber trotzdem – oder vielleicht gerade deswegen – ist er mein Wrestler des Monats Januar. Wie aus dem Nichts löste Edge seinen Money in the Bank Shot ein und wurde dafür gefeiert. Pünktlich zum nächsten RAW war er aber wieder der Heel, den er so verdammt gut spielt, und hat die A-Show der Promotion erstklassig geleitet. Seine Promos waren gut, seine Matches gefallen mir immer besser und insgesamt stellte man mit Edge einen überaus glaubwürdigen Champion dar. Und das – wie gesagt – fast wie aus dem Nichts. Angeblich wird es nun mit einer Fehde gegen Foley weitergehen, was bestimmt nicht die schlechteste Entscheidung ist. Lieber hätte ich ihn allerdings als das gesehen, was er im Januar war – der Rated R Superstar – der WWE Champion.

Man hat es tatsächlich getan. Rey Mysterio hat den Royal Rumble gewonnen. Unglaublich. Auch wenn die geplanten Auswirkungen auch jetzt schon für reichlich Gesprächsstoff und Meckereien sorgen, war Rey’s Rumble-Sieg doch genau das, wonach der Wrestling-Fan immer schreit: Es war etwas anderes. Natürlich hätte Randy Orton den Rumble gewinnen können und wäre dann zu WrestleMania gefahren. Genauso Triple H. Aber nein, man ließ Rey Mysterio den Rumble gewinnen und darüber freue ich mich, auch wenn ich nicht zu seinen größten Fans gehöre. Denn es war mal was anderes. Verdient hat Rey eine solche Aufmerksamkeit allemal. Ob er nun seinen Shot bei WrestleMania bekommt oder nicht – das spielt für dieses Moment für mich keine Rolle. Was entscheidend ist, ist die Tatsache, dass Rey Mysterio den Royal Rumble 2006 gewonnen hat –und dafür steht er auf dieser Liste.

Was war es eine harte Zeit für den Kurt Angle Fan in den letzten Monaten. Er kämpft unzählige Male gegen diese Gurke, holte alles was ging aus ihm raus und verlor immer und immer wieder. Er bestritt die Matches, um dann von einem Move ausgeschaltet zu werden, der so hart aussieht wie ein Sturz aus dem Bett. In der Elimination Chamber besiegelte man sein Schicksal dann endgültig. Nach dem erhofften Showdown zwischen Angle und Cena, schied Angle als erster aus und war raus aus dem Rennen. Er brachte es auf den Punkt, als er sagte, dass er das Publikum noch so beleidigen könnte – egal was er tut, sobald er im Ring steht, wird ihm zugejubelt. Weil er einfach der beste ist. Zwar aus der Not geboren, aber besser als das, was ihn wahrscheinlich bei RAW erwartet hätte, machte man Angle nun zum World Champ bei Smackdown – man machte ihn offiziell zum Face und er absolviert gewohnt souverän einen verdammt guten Job.

Welche Show hat das stärkere Roster? Ich denke, an einer Tatsache, kann man dieses ganz besonders festmachen: Der Smackdown Champ gibt seinen Titel ab. Und wem gibt man den Gürtel? Einem RAW-Superstar, weil man bei Smackdown anscheinend niemand geeigneten findet. Kurt Angle ist eine Chance für Smackdown. Der Punkt jedoch geht an RAW.

Matches und PPV-Tops
1. Kendrick/London v Noble/Kash /Velocity
2. Paul Burchill v Nick Berk /Velocity
3. Bobby Lashley v Brad Attitude /Velocity

Angle gegen Henry? Die Chamber oder der Rumble? Ich wurde im Januar gut durch WWE unterhalten – an den Matches lag dies aber nicht. Und daher widme ich diese Rubrik in diesem Monat den wahren Performern – den Wrestlern – denen, die wrestlen und dadurch unterhalten. Der Velocity-Crew:

Nach der Verpflichtung von Brian Kendrick war ich guten Mutes und erhoffte mir, dass es eine Reunion des Teams mit Paul London geben würde. Und die gab es. Großartig, weil eben dieser Reunion Matches wie diese zu verdanken sind. Ihnen gegenüber standen der amtierende Cruiserweight Champ und der begnadete Jamie Noble. Das schöne an Velocity ist, dass die Cruiserweights hier mehr machen dürfen, als reines Spot-Feuerwerk. Die vier erzählen eine Geschichte, ohne eine Story, nur durch ihre Performance. Großartig.

Endlich durfte Paul Burchill zeigen, was Paul Burchill kann. Im Team mit Regal war er bisher immer nur der große böse Engländer, wenig zu unterscheiden von anderen Big-Men. Welche Klasse dieser Mann besitzt, das wusste ich bisher nur von Aufnahmen aus England – und nun endlich auch aus dem WWE-TV. Burchill rockt. Und er gehört an die Spitze!

Squash-Matches gehören zum Alltag bei World Wrestling Entertainment. Daran ist in der Regel auch nichts auszusetzen. Oftmals wirken sie aber irgendwie blöd und unglaubwürdig. Denke ich da nur mal an Viscera, Heidenreich und co.. Lashley hat in diesem Match Ende Januar aber gezeigt, wie ein Squash-Match auszusehen hat – wie man wahre Dominanz verkauft. Harte Aktionen, Raunen im Publikum – eine glanzvolle Vorstellung.

Der Match-Punkt geht somit an Velocity.

Das Überflüssigste zum Schluss
1. Ignoranz der Bedeutung großer Matches
2. John Cena
3. Der Internetfan... oder „Die Wissenschaft der Gebildeten“

In diesem Monat sahen wir gleich drei Matcharten, die Tradition bei WWE bedeuten und geschaffen sind, um Mythen zu schaffen. Die Rede ist von der Elimination Chamber, TLC und der Rumble-Battle-Royal. Wirklich „mies“ waren die drei Januar-Versionen alle nicht. Der Matchart unwürdig waren sie aber allemal. Alle drei Kämpfe waren in meinen Augen hauptsächlich aufgrund der Matchart interessant. Die Chamber wurde schlecht umgesetzt, wenig Spannung wurde aufgebaut – keine Aktion, von der man noch in Jahren sprechen wird. TLC Flair gegen Edge war ein Match mit lieblosen Möchtegern-Bumps und wird in der Reihe der legendären TLC-Matches keine Erwähnung finden. Der Rumble blieb qualitativ im Vergleich zu seinen Vorgängern klar auf der Strecke. Der Titel eines Matches macht halt noch nicht das Match. Er weckt bestenfalls das Interesse. Legendär sind Matches wie TLC, Hell in a Cell, die Wargames oder was auch immer dadurch wie sie während des Matches erzählt wurden. Und das blieb diesen Monat bei den drei genannten leider auf der Strecke.

Ich versuchte mich in den letzten Monaten vom Cena-Bashing zu distanzieren. Schon bei der letzten Ausgabe erlebte ich einen kleinen Rückfall und jetzt bin ich wieder da angelangt, wo ich eigentlich von weg wollte. Cena in seiner momentanen Situation langweilt mich dermaßen, dass ich schreien könnte. Sein Sieg beim Rumble war das mit Abstand dämlichste, was ich von WWE seit langem gesehen habe. Cena sucks – jeder Fan, der das in den Hallen brüllt, spricht mit diesen Wort das aus, was ich denke.

Ich stieg mit einem Zitat von Aristoteles ein und will meine Kolumne auch mit einem solchen beenden: „Der Gebildete treibt die Genauigkeit nicht weiter, als es der Natur der Sache entspricht.“.
Will heißen: Wrestling ist keine Wissenschaft und der „Gebildete“ kann es auch nicht zu dieser machen. Der Gebildete, das sind wir – die Internet-Fans, die oft darin verfallen, sich als Spezialisten zu fühlen und eine Form der Unterhaltung, in der weniger Fakten als doch viel mehr Meinungen und Geschmäcker den Ton angeben, als Wissenschaft anzusehen. Mir macht das Wrestling-Schauen viel mehr Spaß, wenn ich mich in die Zielgruppe einordne, für die das Produkt WWE geschaffen wurde: Die der WWE-Fans. Da darf auch mal ein Mysterio einen Rumble gewinnen, ja, mein Gott, und auch ein Cena darf Champion sein, und wenn es nur für den Mark-Out ist, den ich bekomme, wenn er den Gürtel wieder verliert. Ich bin Fan der WWE, und auch wenn ich hier Sachen kritisiere, tue ich es, weil es mich interessiert und ich eben Fan des Produktes bin. Wrestling ist keine Wissenschaft – versucht nicht, es zu einer zu machen. Glaubt mir, ihr werdet mehr Spaß dran haben.

Unterm Strich

Genug der Klugscheißerei – zurück zum Thema. Der Januar hielt Höhen und Tiefen bereit. Überraschungen wie der Titelgewinn von Edge bei New Years Revolution oder Mysterios Rumble-Sieg werden noch lange in Erinnerung bleiben. Ein Mark Henry im Main Event des zweitgrößten PPVs des Jahres allerdings auch.

Nach Showpunkten geht der November 2 : 1 : 1 an Raw.

Hinter uns liegt keiner der herausragendsten Monate bei World Wrestling Entertainment, aber hinter uns liegt ein Monat, in dem unheimlich viel passiert ist. Die „Road to WrestleMania“ hat begonnen und damit eine der spannendsten Zeiten im WWE-Jahr.

Ich freu mich drauf und bin gespannt auf das, was im Vormonat der größten Wrestlingshow des Jahres passieren wird. Ich wünsch Euch einen schönen Februar und natürlich eine gute Zeit,

Bis denn,

Euer Ben